Luftverbrauch unter Wasser

Hoher Luftverbrauch = Anfänger?

Wenn man mit dem Tauchen anfängt ist man naturgemäß mit sehr vielen Dingen beschäftigt: Tarrieren, Schwimmen, Schauen usw. Man ist aufgeregt, voller Adrenalin und hat einen Hohen Puls. All dies benötigt Sauerstoff und dadurch hat man Anfangs naturgemäß einen erhöhten Luftverbrauch. Nachdem man Erfahrung gesammelt hat, sicherer und routinierter wird im Wasser, sinkt der Luftverbrauch im allgemeinen von ganz alleine. Aber aus diesem Umstand heraus hält sich auch hartnäckig die Annahme: Wer einen hohen Luftverbrauch hat, ist ein Anfänger.

Aber stimmt das denn? Und setzt man Anfänger und eventuell auch Fortgeschrittenere Taucher mit einer solchen Annahme nicht unter Druck? Ein Hinweis darauf sind die vielen Fragen im Netz, wie man den Luftverbrauch unter Wasser reduzieren kann.

Doch man ist nicht automatisch ein Anfänger oder unerfahrener wenn man einen höheren Luftverbrauch hat als andere Taucher! Der Luftverbrauch hängt sicher in erster Linie damit zusammen wie viel man sich bewegt. Nach einigen Dutzend (oder meinetwegen auch einigen Hundert) Tauchgängen ist man nicht mehr mit sich selbst, dem Tarieren und der Ausrüstung beschäftigt und bewegt sich flüssig durch das Wasser. Doch der Luftverbrauch hängt nicht nur davon ab! Jeder Mensch hat einen anderen Grundumsatz an Sauerstoff. Dieser hängt nicht zuletzt mit der Muskelmasse zusammen! Muskeln verbrauchen Sauerstoff und je mehr Muskeln, desto mehr Sauerstoff wird benötigt. Daher kann ein höherer Luftverbrauch auch einfach nur ein Anzeichen persönlicher Fitness bzw. einer größeren Menge Muskeln sein. Fett wird übrigens weniger durchblutet und benötigt keinen Sauerstoff – nur das Körpergewicht ist daher kein Indiz.

Last but not least hängt der Luftverbrauch von den Umweltbedingungen ab. Schlechtere Sicht erfordert mehr Konzentration und man ist automatisch angespannter. Bei diesen Bedingungen verbraucht jeder Taucher automatisch mehr Sauerstoff. Die Belastung unter Wasser ist entscheidend: Muss man zum Beispiel gegen eine Strömung anschwimmen, oder muss man sich beeilen um eine Gruppe nach einem Fotostopp einzuholen? Muss viel tariert werden weil man fotografiert oder es die Topographie erfordert? Und natürlich ist auch die Wassertemperatur entscheidend. Bei kaltem Wasser verbraucht man mehr Kalorien um den Körper auf Temperatur zu halten – das verbraucht Sauerstoff.

Ein höherer Luftverbrauch ist also nicht notwendigerweise ein Zeichen für einen unerfahrenen Taucher! Und ein Zeichen für einen schlechten Taucher ist es allemal gar nicht! Natürlich ist es wünschenswert möglichst lange mit einer Tankfüllung aus zu kommen und sicher kann man an einigen Punkten auch arbeiten – Einige Tipps dazu folgen in diesem Artikel. Aber man sollte das Projekt mit dem geringen Luftverbrauch nicht zu verbissen angehen. Es gibt so viele Dinge die wichtiger sind beim Tauchen als das! Tarieren, Spass, Eins sein mit der Natur und Entspannung zum Beispiel! Alles Andere ergibt sich daraus automatisch.

Was kann ich tun um meinen Luftverbrauch zu reduzieren?

1. Sammle Taucherfahrung

Taucherfahrung ist das Allerwichtigste zum Thema Luftverbrauch! Sobald man sicher (fast von alleine) tariert, nicht mit der Ausrüstung beschäftigt ist und sein Zen unter Wasser gefunden hat, sinkt der Verbrauch von ganz alleine. Jede Bewegung unter Wasser verbraucht Sauerstoff. Aufregung treibt ausserdem den Puls nach oben. Mit der Zeit geht das “Doing” des Tauchens ins Blut über, man entspannt und verbraucht daher weniger Luft. Die Erfahrung mit dem richtigen Tarieren kommt dazu: Man verschwendet weniger Luft im BCD und nutzt sie viel besser zum Atmen.

2. Atme natürlich

Man hört viel über mythische Atemtechniken oder “Richtig atmen beim Tauchen” um Luft zu sparen. Alles quatsch! Das Rezept ist ganz einfach: Denk nicht über die Atmung nach und atme natürlich! Die natürliche spontane Atmung, wie wir sie an der Oberfläche betreiben, wurde von der Natur über Jahrmillionen so weit optimiert und perfektioniert! Den Rhythmus zu ändern bedeutet automatisch einen höheren Verbrauch. Man sollte die Luft beispielsweise nicht anhalten, nicht tiefer oder flacher atmen als an Land, nicht schneller oder langsamer. Die gewöhnliche Atmung an Land ist ein schnelles ein- und ein verhältnismäßig langsames ausatmen. Denkt man zu sehr über die Atmung nach, ist sie automatisch nicht mehr natürlich und der Luftverbrauch steigt. Der Beste Rat ist also: Denk’ nicht über die Atmung nach, Atme natürlich!

3. Spare Energie und bewege dich wenig

Jede Bewegung verbraucht Energie. Schnelle Bewegungen brauchen noch mehr Energie. Man ist nicht auf der Flucht, man taucht! Daher: Immer gemütlich und langsam bewegen. Vermeide unnötige Bewegungen und schwimme langsam. Wenn man langsam schwimmt, sieht man zudem auch viel mehr! 😉 Nutze die Gleitphasen zwischen den Flossenschlägen! Bremse die Gleitphase aus deinem vorherigen Flossenschlag nicht mit dem Nächsten ab sondern nutze ihn nach Möglichkeit voll aus. In der Langsamkeit liegt die Kraft!

4. Stromlinienförmige Ausrüstung

Die Ausrüstung sollte Stromlinienförmig sein. Das bedeutet, dass Octopus, Finimeter und andere Geräte eng am Körper anliegen sollten. So verringert man den Wasserwiderstand und man kommt leichter vorwärts. Bei Strömung verringert man zudem die Angriffsfläche. Ausserdem sollte man seine Ausrüstung nach dem KISS (Keep It Simple Stupid) auswählen. Das Bedeutet, dass man nur die Dinge mitnimmt, die man wirklich braucht und die Ausrüstung möglichst einfach hält. Je weniger Gepäck, desto stromlinienförmiger und weniger beladen bin ich.

5. Abbleien

Am Anfang taucht man immer mit etwas extra Blei um ja keine positive Tarierung am Ende des Tauchganges zu kriegen. Mit der Zeit wird man jedoch besser und man sollte die Bleimenge reduzieren. Mit weniger Blei taucht es sich angenehmer, man schleppt weniger Gewicht, tariert einfacher und verbraucht am Ende weniger Luft. Man sollte immer so tariert sein, dass man am Ende eines Tauchgangs mit leerer Flasche gerade noch so unter geht.

6. Entspannen

Man kann es fast nicht häufig genug betonen, dass Entspannung ein Haupt-Ziel beim Tauchen ist. Nicht nur, weil man dann einen Tauchgang am besten genießen kann sondern, weil man dann auch am wenigsten Luft verbraucht. Wenn man entspannt ist, senkt das die Herzfrequenz und die Atmung. Es ist ratsam nicht erst zu versuchen zu entspannen wenn man IM Wasser ist, sondern schon VORHER. Hetze nicht zum Tauchplatz. Vermeide Stress beim Anziehen. Nimm dir für alles genug Zeit und bereite deine Ausrüstung vorher gründlich vor. Sollte der Weg vom Anziehen zum Tauchplatz dennoch mal Anstrengend sein (langer Fußweg, Treppen etc.), nehm die Zeit und entspanne an der Oberfläche. Atme tief ein, senke den Puls, kühle dich ggf. mit Wasser ab und warte bis alles wieder “im Grünen Bereich” ist – erst dann tauche ab. Gleiches unter Wasser: Gerate nicht im Stress! Tauchen ist Entspannung und Spaß. Vermeide jegliche Hektik. Nehm ein paar Tiefe Atemzüge und versuche “runter zu kommen” (im wahrsten Sinne des Wortes!).

Fazit

Viele Tauchgänge an Urlaubsorten sind auf 60 Minuten limitiert, auch Nachttauchgänge sind vielerorts beschränkt auf 60 Minuten. Daher sollte man sich zunächst einmal keine größeren Sorgen machen, wenn man 60 Minuten in einigermaßen tiefem Wasser bleiben kann. Es gibt ausserdem immer die Möglichkeit, auch im Urlaub, nach einer größeren (z.B. 15 Liter) Flasche zu fragen. Dafür muss man sich nicht schämen! Denn man muss den Luftverbrauch nicht auf Biegen und Brechen weiter reduzieren! In erster Linie geht es beim Tauchen darum, sich wohl zu fühlen, Spaß zu haben und sich zu entspannen! Wenn man zu sehr verkrampft und auf den Luftverbrauch achtet, gar anfängt die Luft an zu halten um weniger Luft zu verbrauchen, taucht man nicht mehr entspannt. Ausserdem gilt beim Tauchen immer: Das Buddyteam richtet sich nach dem schwächsten Glied und taucht auf, wenn dem ersten die Luft ausgeht. Fühlt euch nicht schlecht dabei – denn es kann auch mal andersherum sein, dass der Buddy Probleme hat und ihr wegen ihm auftauchen müsst. Geben und Nehmen – und nehmt vor Allem Rücksicht!

Übrigens erhöht speziell Fotografieren den Luftverbrauch auch deutlich – sogar bei Erfahrenen Tauchern die sehr gut Tarieren. Daher sollte man, wenn man Luft sparen will, auf das Fotografieren verzichten und lieber Fotos von Tauchbuddies oder Tauchern in der Tauchgruppe zurück greifen.

Hört man übrigens jemals auf Anfänger zu sein? Sobald man aufhört an sich selbst zu arbeiten und glaubt perfekt zu sein, ist man alles, aber nicht perfekt! So lange 60 Minuten möglich sind sollte man sich keinen Stress machen! Und die erreicht jeder nach etwas Tauchroutine!


Wenn dir der Beitrag gefallen hat, dann teile ihn mit deinen Freunden:

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.