Ende Januar 2024. Der Winter hatte Europa fest im Griff – graue Tage, kalter Wind, frühe Dunkelheit. Umso größer war meine Freude, als sich im Rahmen einer Geschäftsreise in die USA die Möglichkeit ergab, einige Tage früher anzureisen. Mein Ziel: die Florida Keys – ein karibischer Traum auf amerikanischem Boden, verbunden durch den berühmten Overseas Highway, umgeben von türkisblauem Wasser und voller Leben über und unter der Oberfläche.
Was als spontane Idee begann, wurde zu einem unvergesslichen Kurzurlaub mit fünf Tauchgängen an vier sehr unterschiedlichen Spots, Begegnungen mit Schildkröten, Haien und riesigen Groupers – und einer spannenden Rückkehr zu einem Wrack, das ich seit Jahren wiedersehen wollte.
Die Florida Keys – Geografie, Klima und Unterwasserparadies
Die Florida Keys sind eine rund 290 Kilometer lange Inselkette, die sich von der Südspitze Floridas in einem leichten Bogen in den Golf von Mexiko zieht. Geologisch betrachtet handelt es sich um ehemalige Korallenriffe, die durch geologische Prozesse zu Landmassen wurden. Heute sind sie über den Overseas Highway (U.S. Route 1) miteinander verbunden, eine der spektakulärsten Küstenstraßen der Welt.
Auf der Atlantikseite liegt das Florida Reef, das einzige lebende Korallenriff der kontinentalen USA und das drittgrößte Barriere-Riffsystem der Welt. Das macht die Region zu einem der beliebtesten Tauchziele Nordamerikas.
Klima im Januar
Ende Januar ist hier Trockenzeit: Angenehme 22–26 Grad Celsius am Tag, nachts selten unter 18 Grad. Das Wasser ist mit etwa 23 Grad gerade noch warm genug für längere Tauchgänge – ein 5mm-Anzug empfiehlt sich. Zwar kann es windig sein, aber echte Kaltfronten sind selten. Perfekt also, um dem mitteleuropäischen Winter zu entfliehen.
Flora und Fauna unter Wasser
Die Unterwasserwelt der Keys ist vielfältig: Hart- und Weichkorallen, Gorgonien (Fächerkorallen), große Schwämme, zahlreiche Rifffische – von Kaiserfischen bis hin zu Grunzern und Snappern. Darüber hinaus gibt es regelmäßig Sichtungen von Ammenhaien, Stachelrochen, Meeresschildkröten, Muränen, Barrakudas und sogar Adlerrochen. Und nicht zu vergessen: die beeindruckenden Wracks, die oft künstlich versenkt wurden und heute als künstliche Riffe dienen.
Mein Basecamp: Key Largo – Das Tor zum Unterwasserabenteuer
Ich entschied mich für Key Largo als Startpunkt meines Miniurlaubs. Nicht nur, weil es günstiger und näher an Miami liegt als das mondäne Key West, sondern auch, weil es eine hervorragende Infrastruktur für Taucher bietet. Key Largo ist Heimat des berühmten John Pennekamp Coral Reef State Parks und Ausgangspunkt für viele Wracktauchgänge.
Ich wohnte in einem kleinen, charmanten Motel – einfach, aber zweckmäßig. Mein Dive Center: Scuba-Fun, ein freundliches, deutschsprachiges Team mit Fokus auf Qualität statt Masse.
1. Tauchgang: USS Spiegel Grove – Die Kraft des Ozeans
Schon der Weg zur USS Spiegel Grove, einem über 150 Meter langen Wrack, sollte zum Abenteuer werden. Kaum hatten wir die schützende Bucht verlassen, wurde das Wasser unruhig. Meterhohe Wellen zwangen das Boot zu einem Ausweichspot, doch die Crew gab nicht auf – beim zweiten Versuch erreichten wir das Wrack.
Die USS Spiegel Grove liegt in rund 30 Metern Tiefe, wurde 2002 als künstliches Riff versenkt und ist heute Heimat zahlloser Meeresbewohner. Ein riesiger Riffhai kreiste neugierig um uns, Barrakudas schwebten wie silberne Speere im Blau, und eine gigantische Krabbe versteckte sich zwischen den Stahltrümmern. Trotz der widrigen Bedingungen: ein eindrucksvoller Auftakt.
2. Tauchgang: SS Benwood – Geschichte zum Anfassen
Am selben Tag tauchten wir zur SS Benwood, einem Wrack aus dem Zweiten Weltkrieg. Es ist weniger intakt als die Spiegel Grove, doch gerade das macht seinen Charme aus. Überall liegen Metallteile verstreut, von Fächerkorallen bewachsen und von kleinen Lebewesen bevölkert.
Ein Einsiedlerkrebs krabbelte über ein Propellerfragment, ein Schildkrötenpärchen kreuzte unseren Weg, und vor dem Bug thronte ein beeindruckender Anker, der über Jahrzehnte hinweg mit Meeresleben bedeckt wurde. Ein ruhiger, aber faszinierender Tauchgang.
3. Tauchgang: Molasses Reef – Eagle Ray Alley
Am nächsten Tag stand das flache, farbenfrohe Molasses Reef auf dem Plan. Unser erster Spot: Eagle Ray Alley – bekannt für seine Chancen, Adlerrochen zu sehen. Leider ließ sich keiner blicken, aber die Sicht war hervorragend.
Ein großer Stachelrochen zog elegant seine Bahn, zwei grüne Muränen lugten neugierig aus einem Riffloch, ein Lionfish schwebte träge im Wasser. Unser Guide war leider noch recht neu im Geschäft, was den Tauchgang etwas verkürzte. Dennoch lohnte sich der Ausflug.
4. Tauchgang: Fire Coral Cave – Zwischen Riesenfischen und Vorsicht
Am Nachmittag ging es an einen anderen Abschnitt des Molasses Reef: Fire Coral Cove. Der Name ist Warnung genug – feuerkorallenbewachsene Bereiche sollte man meiden. Doch unter Wasser erwartete uns ein Spektakel.
Drei gigantische Grouper, teils über 1,5 Meter lang, glitten schwerfällig an uns vorbei. Ein Ammenhai döste unter einer Felsnase. Und über allem schwebten mehrere Barrakudas, wie Wächter der Riffregion. Der Tauchgang war entspannt und eindrucksvoll zugleich – genau die richtige Mischung.
Tapetenwechsel: Key West & die Rückkehr zur USS Vandenberg
Für meinen letzten Tauchtag reiste ich weiter nach Key West, der berühmten südlichsten Stadt der kontinentalen USA. Dort wartete ein besonderes Highlight auf mich: die Rückkehr zur USS Vandenberg, einem 160 Meter langen Ex-Raketenträgerschiff, das 2009 versenkt wurde.
Mit Captain’s Corner – einem routinierten und gut organisierten Tauchcenter – ging es hinaus. Die Bedingungen waren durchwachsen: viel Strömung, durchwachsene Sicht. Aber das machte es umso spannender.
5. Tauchgang: USS Vandenberg (Heck) – Dunkelheit & Tiefe
Beim ersten Tauchgang näherten wir uns dem Heck und tauchten dreimal unter Deck. Dunkle Gänge, verblasste Leitungen, verwitterte Technik – das Wrack ist ein Abenteuerspielplatz für erfahrene Taucher. Die Sicht lag bei etwa 10 Metern, die Tiefe bei über 30 Metern.
Barrakudas hielten sich in den Schatten auf, große Schwärme von Fischen flitzten durch die offenen Bereiche. Der Eindruck war fast mystisch – als ob das Schiff noch immer seine Geschichte flüstern würde.
6. Tauchgang: USS Vandenberg (Bug) – Das Finale
Der zweite Tauchgang führte uns zum vorderen Teil der Vandenberg. Die Bedingungen waren deutlich angenehmer: weniger Strömung, bessere Sicht. Besonders beeindruckend war die bewachsene Radarstruktur, die wie ein künstlicher Riff-Turm in die Tiefe ragte.
Wir erkundeten die Aufbauten, schwebten über dem Kommandodeck und ließen uns von der Strömung an den Luken vorbeiziehen. Ein würdiger Abschluss.
Dive Map
Video
Impressionen



















Mein Fazit: Ein Kurzurlaub, der alles hatte
In nur wenigen Tagen habe ich die unglaubliche Vielfalt der Florida Keys erleben dürfen. Von gewaltigen Wracks über farbenfrohe Riffe bis hin zu Großfisch und Schildkröten war alles dabei.
Was diesen Kurzurlaub so besonders gemacht hat, war die Kombination aus Abenteuer, Entspannung und Naturerlebnis – eingebettet in eine Region, die so nah an den USA liegt und doch so karibisch wirkt.
Ich komme wieder!